Standest du nicht auch schon einmal vor einer Entscheidung, mal etwas verrücktes zu machen? Allerdings wäre das eine Sache gewesen, die eine „böse“ Lücke im Lebenslauf aufgemacht hätte, sowas wie mal ein halbes Jahr reisen und dabei nichts tun, außer Lebenserfahrung sammeln? Wofür hast du dich entschieden?
Die meisten Leute würden sehr gern mal ausbrechen und etwas außerhalb der Norm machen. Aber, wenn sie dann ablegen zwischen Abenteuer und der Auch so bösen Lücke im Lebenslauf, die ihnen später auf die Füße fallen wird, entscheiden sich viele dagegen. In ihren Köpfen schreit es: Was passiert mit Job, Wohnung, Auto, Fitnessstudio Vertrag? Und vor allem: Was schreibe ich bloß auf meinen Lebenslauf as ich gemacht hab?
Diese Frage scheint von großem Interesse zu sein: „Lücken im Lebenslauf“ liefert 163.000 Google Ergebnisse! Darüber hinaus liefert Google als Auto-Suggest folgende Vorschläge:
Lücken im Lebenslauf scheinen ein Wahnsinnsproblem zu sein in unserer Gesellschaft. Woher kommt das? Würde es etwas ändern, wenn wir das böse Wort „Lücken“ mit einem positiveren ersetzen, zB:
- Kreative Auszeit
- Sabbatical
- Volunteer Projekt
Es ist also anerkannt, nach der Schule ein Jahr ins Ausland zu gehen und auch während der Uni ein Auslandssemester zu nehmen. Und selbst Sabbaticals während der Arbeitszeit kommen so langsam selbst in Deutschland zur Geltung.
Aber trotzdem wird erwartet, dass man eigentlich „lückenlos“ durchs Leben rennt. Ist das denn überhaupt möglich? Würde das nicht bedeuten, dass man vor jedem neuen Lebensabschnitt mit totaler Sicherheit weiß, was als nächstes dran ist? Wie soll man das wissen, wenn man nichts probiert hat und vergleichen kann?
Und einmal entschieden gibt’s natürlich auch kein Zurück mehr. Es sei denn du brichst Studium oder Ausbildung ab, und fängst doch noch was neues an? BÄM, dann bekommst du gleich ein negatives Label ab. Dann lieber doch gleich durchziehen. Und schwups steckt man fest, in einer Karriere und einem Job, den man eigentlich gar nicht will.
Und wie sollte ein 19 jähriger nach dem Abi wissen, was er den Rest des Lebens machen soll (Ausnahmen gibt’s natürlich)? Ganz zu schweigen, wenn man sich nach der 10ten Klasse mit 16 Jahren schon entscheiden müsste.
Es gibt viele, die Abi gemacht haben, weil sie einfach nicht wussten was sie stattdessen machen sollten. Ich bin einer von ihnen. Und ich wusste es auch 10 Jahre später noch nicht. Ich bin mit Sicherheit nicht die einzige, der es so geht. Und es hat mir und vielleicht auch dir ständig im Nacken gesessen.
Jetzt lebst du also in einer Gesellschaft, in der es zum guten Ton gehört, dich auf etwas zu spezialisieren und ganz genau zu wissen wo man hingehört. Das fing schon in der Schule an, wenn es darum ging Leistungskurse zu belegen, und ging weiter in der Uni mit Spezialisierungskursen.
Als akzeptable Karriere wird dir vorgebetet, dass du von einer Stufe zur nächsten klettern sollst. Keine Ausfälle, keine Zwischenstufen, die nicht themenverwandt sind. Keine Lücken!
Um Gottes Willen, habe bloß keine Lücken im Lebenslauf! Was könnte in Personaler da wohl denken? Dass die Person nicht fähig wäre, einer klaren, gradlinigen Karrierebahn nachzukommen? Was heißt das für dich als Individuum? Mangel an Konzentration, Mangel an Disziplin, Mangel an Fokus?*
*Achtung: Sarkasmus!
Es ist eigenartig, dass diese alte „Weisheit“ des tüchtigen Arbeiters, der gradlinig eine einzige Karriere verfolgt und keinen Zentimeter davon abweicht, noch immer so eine weit akzeptierte aber starre Form in der Personalpolitik ist. Vor allem aber im deutschsprachigem Kulturraum. In anderen Ländern ist das nicht so streng. Dort sind bunte, unterbrochene Lebensläufe viel präsenter und willkommener. Dort sind Karrierewechsler, Quereinsteiger, gescheiterte Unternehmer gern gesehen, weil sie frischen Wind mitbringen und durch die Nicht-Gradliniegkeit hervorragende Qualitäten nachweisen, wie zB Mut, Selbstreflexion.
Im deutschsprachigem Raum werden Freizeit und Spaß oft hintenangestellt und als weniger wertvoll gesehen. Rein nach dem Motto: Erst die Arbeit, dann das Vergnügen. Doch leider bleibt für Vergnügen nicht viel Zeit. Außer im Urlaub oder als Rentner. Und wer will schon als Rentner durch Südamerika trecken oder in Australien surfen lernen?
Entweder du passt dich also an die Spielregeln an und produzierst einfach keine Lücken, oder du kaschierst sie im Nachhinein wieder.
Oder du bist ein Rebell und stehst zu deinen Lücken!
Warum ist jetzt die beste Zeit dafür?
Insbesondere in unser heutigen Informations- und Wissensgesellschaft, bedarf es keiner Gradlinigkeit mehr. Ganz im Gegenteil es ist viel wichtiger, dass du imstande bist out of the box zu denken, und keine Betriebsblindheit zu haben.
Was viel mehr gefragt sein müsste, sind Menschen, die Strategien, Taktiken und Denkweisen aus anderen Branchen erfolgreich adaptieren können in einer Welt, die vor Überfluss an Gütern und Werbung maßlos überquillt. Menschen mit diesem Eigenschaften sitzen aber nicht 10 Jahre im gleichen Office, nehmen 10 Jahre den gleichen Bus zur Arbeit und essen in der gleichen Kantine das gleiche Essen.
Es sollte erstrebenswert sein, viele Jobs und Karrieren ausprobiert zu haben, und viele Wege gegangen zu sein.
Wenn du also das Bedürfnis hast, auszusteigen, sei es für eine lange Reise, ein Volunteer Projekt (auch eins was mit deiner bisherigen Laufbahn keine Gemeinsamkeit hat), ein privates Projekt auf das du dich für eine Zeit mal fokussieren willst, dann mach es! Lass dich nicht davon abhalten, wie du denn deine Lücke erklären sollst. Du weißt noch nicht wo dich deine Entscheidung hinbringen wird. Stattdessen wirst du aber unglaublich viele positive Erfahrungen machen, die du dir vorher gar nicht ausmalen kannst (wenn du nicht gerade für 6 Monate Dauergast vor deinem TV bist). Erfahrungen, die viel mehr wert sind, als sich über Lücken im Lebenslauf Gedanken zu machen und sich mitunter davon abhalten zu lassen. Und vor allem wirst du viel interessanter!
Offenbar hat aber das Bundesministerium für Arbeit und Soziales sich darüber auch Gedanken gemacht und eine recht moderne und ansprechende Seite ins Leben gerufen. http://www.arbeitenviernull.de/